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„Wir bilden Spezialist:innen für den nachhaltigen Umgang mit modernen Werkstoffen und computergesteuerten Maschinenparks aus.“

Kunststoffe sind für fast jeden Lebensbereich von zentraler Bedeutung – und dementsprechend wichtig für unseren Alltag, unser Wohlbefinden und unsere Lebensqualität. Wusstet Ihr, dass die kunststoffverarbeitende Industrie sehr interessante Arbeitsplätze bietet, ganz besonders für junge Talente? Diese zu finden, ist allerdings gar nicht so leicht.  

Die Unternehmen drehen daher an den unterschiedlichsten Stellschrauben, die junge Menschen aufhorchen lassen sollten. Denn ein Ausbildungsplatz in der kunststoffverarbeitenden Industrie ist durchaus attraktiv. Das gilt auch für den Ausbildungsberuf Kunststoff- und Kautschuktechnolog:in. Noch nie gehört? Wie auch, denn bislang hieß er „Verfahrensmechaniker:in für Kunststoff- und Kautschuktechnik“. Dem Beruf wurde nicht nur ein neuer Name verpasst, auch die Lerninhalte wurden hinsichtlich neuer, spannender Trends aktualisiert.

Foto Michael von Hertell     Foto Jens Haskamp

Michael von Hertell, Leiter Berufsausbildung bei REHAU Industries , und Jens Haskamp, stellv. Teamleiter Technische Ausbildung HR bei Pöppelmann, erklären Euch, was sonst noch neu ist und was Berufe in der Kunststoffverarbeitung so interessant macht.


Herr von Hertell, warum sollte ein junger Mensch heute eine Ausbildung in der Kunststoffindustrie machen? 

Kunststoff ist auch in den kommenden Jahrzehnten eines der wichtigsten Materialien, um neue Produkte und Technologien zu realisieren. Nehmen wir etwa die Automobilbranche: Sie ist bei E-Mobilität und Brennstoffzelle auf diesen zukunftsträchtigen Werkstoff angewiesen, beispielsweise, um die strengen Abgasrichtlinien zu erfüllen und grüne Mobilität voranzubringen. Dazu kommt die Realisierung der Energiewende, die nur durch Kunststoffkomponenten im Windrad und in Solaranlagen funktioniert. Alle Unternehmen setzen zudem darauf, ihre Produkte ressourcenschonender und klimaschützend zu gestalten und zu fertigen. Dank der Nutzung von Rezyklaten, Eco-Design und einer nachhaltigeren Materialauswahl sparen wir Treibhausgasemissionen ein. Um ein Teil dieser klimafreundlichen Gegenwart und Zukunft zu sein, ist der Ausbildungsberuf Kunststofftechnolog:in für die Branche, für die Gesellschaft, aber speziell auch für junge Menschen enorm wichtig.

Herr Haskamp, der klassische Ausbildungsberuf in der Kunststoffverarbeitung ist der Kunststofftechnologe bzw. die Kunststofftechnologin. Welche Interessen und Fertigkeiten sollten Interessierte für dieses Berufsbild mitbringen? 

Azubine Lilly Möllmann an einer Spritzgießmaschine. Einem Zukunftsträchtigen Job für die Kreislaufwirtschaft.
Azubine Lilly Möllmann an einer Spritzgießmaschine, © Pöppelmann GmbH & Co. KG

Generell gilt: Es braucht kreative Köpfe und Ideen für moderne Kunststoffe. Die Kunststoff-verarbeitung ist vielschichtig und spannend, zudem muss sie sich dem gesellschaftlichen Wandel in Richtung Ressourcenschonung stellen. Zu diesem Zweck bilden wir Spezialist:innen aus, die den nachhaltigen Umgang mit modernen Werkstoffen und einem computergesteuerten Maschinenpark beherrschen. Gut wäre es, wenn Kandidat:innen dafür ein erstes technisches Verständnis sowie Offenheit für technische Installationen und Anlagen mitbringen. Um einen gewissen schulischen Schwerpunkt mit Mathematik, Physik und Chemie kommt man dabei nicht herum.

Und was können Auszubildende von Unternehmen der Kunststoffindustrie erwarten? 

AP 1 Mit PneumatikJeder Kunststoffverarbeiter bietet eine sehr vielfältige und abwechslungsreiche Ausbildung an, einhergehend mit hervorragenden beruflichen Perspektiven in den unterschiedlichsten Einsatzgebieten. Dazu kommen innerbetriebliche Fortbildungen für Spezialqualifikationen an Maschinen und Anlagen. Gerade als Kunststofftechnolog:in kann man sich so im Berufsbild ständig weiterentwickeln. Und man bleibt dem Unternehmen erhalten, denn der Bedarf ist definitiv vorhanden. Zudem sind unsere ausbildenden Firmen über ganz Deutschland verteilt und nicht nur in Ballungsgebieten vertreten. Sie bieten Sicherheit, Akzeptanz und ein hohes Maß an Fürsorge – hier ist man nicht nur ein Gesicht unter vielen, sondern eine geschätzte Arbeitskraft. 

 

Der Ausbildungsberuf Kunststofftechnolog:in wurde kürzlich fertig konzipiert und gilt seit August 2023. Herr von Hertell, was hat sich denn geändert? Ist der Beruf jetzt tatsächlich attraktiver für junge Talente?

Schon der neue Name trägt hoffentlich viel zu einem exorbitanten Anstieg bei neuen Ausbildungsverträgen bei (lacht). Fakt ist: Gerade inhaltlich haben wir die Ausbildung hinsichtlich verschiedener Berufsbildpositionen geschärft, etwa zu Digitalisierung und Nachhaltigkeit. Diese orientieren sich eng an den neuen Anforderungen in der Kunststoffverarbeitung. Ein spannender Aspekt ist dabei die additive Fertigung, auch bekannt als 3D-Druck. Seit einigen Jahren kommt es zudem immer mehr auf individualisierte Kundenlösungen an, Stichwort Losgröße 1, also die Herstellung von Einzelstücken durch Unternehmen, die normalerweise größere Stückzahlen in Serien- oder Massenfertigung produzieren. Auch der Ersatzteilbedarf wird mittlerweile vielerorts auf diese Weise gedeckt. Kunststoffe sind aufgrund ihrer hohen Flexibilität wie geschaffen für diese Entwicklung. Durch die Aufnahme hierzu passender Inhalte wurde der Ausbildungsgang gerade für Jüngere attraktiver gemacht und mit wesentlichen Zukunftstechnologien angereichert. Dazu kommen technologische Fortschritte und Neuerungen im Rahmen der Maschinensteuerung, die in den vergangenen Jahren immens vorangetrieben wurden. Hohe Investitionen in Maschinenparks und Anlagen zeugen davon, wie sich kunststoffverarbeitende Unternehmen fit für die Zukunft machen.

Der Wettbewerb um Nachwuchskräfte verschärft sich quer durch alle Branchen. Herr Haskamp, wie kann die Kunststoffindustrie hier – neben der Neuordnung – noch attraktiver für junge Talente werden? 
 

Werkzeugbau Poeppelmann
Auszubildende betrachtet die Kontur eines Spritzgusswerkzeuges, © Pöppelmann GmbH & Co. KG

Die Unternehmen der Branche nutzen mittlerweile eine breite Klaviatur an Maßnahmen: regionale Jobmessen, Ausbildungsinitiativen mit Schulen, das durch die Lande reisende Kunststoffmobil – frei nach dem Motto: Wenn die Schüler:innen nicht zum Unternehmen kommen, muss das Unternehmen zu den Schüler:innen kommen. Gerade über regionale Schulkooperationen ergeben sich oft erste Praktika. Kürzlich haben unsere beiden Unternehmen gemeinsam mit dem Netzwerk Ems-Achse zum Tag der Ausbildung“ eingeladen. Dabei haben wir den jungen Besucher:innen an verschiedenen Praxisstationen mittels VR-Brillen die Chance gegeben, spielerisch Arbeitsaufträge zu erledigen. So gibt es erste, enorm realistische Einblicke in die Prozesse und Anforderungen der Kunststofftechnik. Ergänzt wird unser Engagement durch beschleunigte Bewerbungsverfahren sowie besseren Service durch Onlineformulare und direkte Kontaktmöglichkeiten. Anstrengungen unternehmen wir auch bei der betrieblichen Umschulung eine attraktive Chance für Mitarbeitende, die bislang ohne Erfahrung in der Kunststofftechnik sind. Dazu gibt es tolle Förderprogramme und eine auf zwei Jahre verkürzte Ausbildung, wenn bereits Berufserfahrung etwa aus dem Handwerk vorliegt. 

 


„Schon als Kind habe ich gerne geschraubt“ 

Portraitbild Alicia Boucsein
© Alicia Boucsein

Die 22-jährige Alicia Boucsein zählt zu den diesjährigen Bundesbesten in der Kunststoffausbildung. Sie wurde als eine von zwölf Absolvent:innen mit dem Günter-Schwank-Preis 2023 ausgezeichnet. Alicia Boucsein ist begeistert von ihrem Beruf und würde immer wieder eine Ausbildung in der Kunststoffindustrie machen:

„Schon als Kind habe ich gerne geschraubt. Mein Opa hat einen Bauernhof, da habe ich oft geholfen, Maschinen zu reparieren oder zu justieren. Und so ist auch der Berufswunsch entstanden: Nach meinem Abitur in Amöneburg 2019 war klar, dass ich ein Duales Studium mit einer parallelen Ausbildung beginne. Da dies bei mir in der Region nicht möglich war, verschlug es mich zum Unternehmen Hettich in Frankenberg. Das war eine gute Entscheidung: Während meiner Ausbildung habe ich unter anderem Werkzeuge auf Maschinen gebaut und die Maschinen auch für bestimmte Artikel eingefahren.“ 

Derzeit absolviert Boucsein ein Verbundstudium bei Hettich, bei dem sie von Montag bis Freitag im Betrieb arbeitet und samstags studiert. Sie möchte auf jeden Fall langfristig im Unternehmen bleiben. 

 

Werdegang

Jens Haskamp Poeppelmann GmbH Co KG
Jens Haskamp © Pöppelmann GmbH & Co. KG

Jens Haskamp absolvierte von 2001 bis 2004 eine Ausbildung zum Verfahrensmechaniker bei Pöppelmann und machte von 2005 bis 2007 im selben Unternehmen den Industriemeister. Von 2012 bis 2014 bildete er sich zum geprüften Berufspädagogen weiter. Von 2011 bis 2021 war Haskamp hauptberuflicher Ausbilder Kunststoff und ist seitdem stellvertretender Teamleiter Technische Ausbildung. Ab 2025 übernimmt er die Teamleitung Technische Ausbildung bei Pöppelmann. Seit 2019 ist Haskamp zudem Vorsitzender der Prüfungsausschüsse Kunststofftechnologe/in und Industriemeister/in Kunststoff bei der IHK Oldenburg. 

 

 

 

Michael Von Hertell C) Rehau Industries SE & Co. KG
Michael von Hertell, © Rehau Industries SE & Co. KG

Michael von Hertell wurde von 1994 bis 1997 bei Rehau zum Werkzeugmechaniker ausgebildet. Im März 2000 beendete er erfolgreich die Feinwerkmechaniker-Meisterschule (HWK).  Im Jahr 2002 schloss von Hertell die Weiterbildung zum staatlich geprüften Kunststofftechniker ab und arbeitete bis 2004 als Verfahrenstechniker bei REHAU. Danach war er für sechs Jahre Leiter der technischen Ausbildung Deutschland beim selben Unternehmen, weitere knapp drei Jahre Leiter Berufsausbildung und schließlich Head of Vocational Education & External Continuing and Training, ebenfalls REHAU.

 

Beitragsbild Quelle: © Pöppelmann GmbH & Co. KG
 

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