Kontakt

Mehrweg-Versandtaschen

Versandtaschen Tchibo
Tchibo testet zurzeit Mehrweg-Versandtaschen im Online-Handel ©Tchibo

Wie Tchibo und OTTO Verpackungsmüll im Online-Handel reduzieren wollen

Der Online-Handel boomt und mit ihm wächst auch der Berg an Verpackungsmüll. Von Schuhen und Kleidung über Elektronik bis hin zu Lebensmitteln – nahezu alles kann bequem per Mausklick bestellt werden. Doch die Bequemlichkeit hat ihren Preis: Immer größere Mengen an Verpackungsmüll stapeln sich zuhause in den Mülltonnen. Daher suchen Unternehmen wie Tchibo und OTTO nach Lösungen, um Verpackungsmüll im Online-Versandhandel zu reduzieren. Eine mögliche Lösung: Mehrweg-Versandtaschen, die nach der Nutzung an die Händler zurückgegeben werden können.

Laut dem Bundesverband Paket und Expresslogistik wurden 2023 in Deutschland 4,175 Milliarden Sendungen verschickt – ein Anstieg von 0,6 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Mehrweg-Versandtaschen könnten dazu beitragen das Abfallaufkommen zu reduzieren, insbesondere beim Versand von Textilen, die 2022 etwa ein Fünftel des gesamten Umsatzes im Online-handel ausmachten.

1 Jahr Mehrweg-Versandtasche: Tchibo zieht positive Bilanz

Tchibo hat im Juni 2023 seine Mehrweg-Versandtaschen in einer dritten Testphase ausprobiert und zieht eine positive Bilanz. Insgesamt wurden 26.000 Taschen angeschafft und über 70.000 Bestellungen damit verschickt. Jede Tasche kam durchschnittlich dreimal zum Einsatz, einige sogar bis zu sechs Mal.

Kunden finden Mehrweg-Versandtaschen gut

Die Kundenresonanz war nach Angaben des Unternehmens durchweg positiv. Viele Tchibo-Kunden lobten die einfache Handhabung und hoben den Nutzen für die Umwelt hervor. Auch ohne besondere Anreize, oder Pfand-Systeme lag die Rücklaufquote der Mehrweg-Versandtaschen bei 80 Prozent.

Versandtasche
Im Sommer 2020 hat OTTO die Einführung der RePack-Versandtasche getestet © OTTO

Auch OTTO testet Mehrweg-Versandtaschen

Auch OTTO testete im Sommer 2020 die Einführung der RePack-Versandtasche, die aus 100 Prozent recyceltem Polypropylen besteht und nach Angaben des Unternehmens bis zu 20 Mal wiederverwendet werden kann. Auch hier war das Kundenfeedback positiv. Ähnlich wie bei Tchibo kamen etwa 75 Prozent der Taschen ohne zusätzliche Anreizsysteme zum Unternehmen zurück.

 

Mehrweg-Versandtaschen: Bei Kunden beliebt, aber für Unternehmen teuer

Die Tests von Tchibo und OTTO zeigen, dass die Akzeptanz für Merhwegversandtaschen grundsätzlich da ist. Doch damit Mehrweg-Versandtaschen ökologisch und wirtschaftlich sinnvoll eingesetzt werden können, müssen die Taschen mehrfach wiederverwendet werden. Karla Jabben, Sustainability Managerin Packaging, bei OTTO, gibt zu bedenken: „Der Aufwand für Rückversand, Reinigung, Aufbereitung und Desinfektion ist nicht zu unterschätzen, zumal der Personalbedarf in der Logistik bekanntlich schon heute beträchtlich ist und teils nur schwer gedeckt werden kann.

Wo liegt der Break-Even-Point von Mehrweg-Versandtaschen im Online-Handel?

Der Aufwand für die Einführung eines Mehrwegsystems im Versandhandel könnte auf Seiten der Unternehmen gerechtfertigt sein, wenn dadurch tatsächlich Ressourcen und CO2 eingespart werden können. Doch wie häufig müssten Versandtaschen wiederverwendet werden, damit sie im Vergleich zu Einwegverpackungen eine positive CO2-Bilanz aufweisen? Eine erste Studie deutet darauf hin, dass Mehrweg-Versandtaschen aus Polypropylen (118g) bereits ab ca. fünf Durchläufen eine bessere CO2-Bilanz haben als vergleichbare Einweg-Versandtaschen (30g).

Noch zu große Verluste: Die Rucklauf- und Durchlaufquoten von Mehrweg-Versandtaschen müssen steigen

Im Langzeit-Test von Tchibo wurde jede Versandt-Tasche im Durchschnitt dreimal genutzt, wobei einzelne Taschen bis zu sechs Umläufe absolvierten. Nach Angaben des Unternehmens mussten nur wenige hundert Taschen aufgrund defekter Reißverschlüsse oder nicht entfernbarer Etiketten aussortiert werden. Auch OTTO geht davon aus, dass ihre Mehrweg-Versandtaschen bis zu 20 Umläufe schaffen könnten. Da OTTOs Testphase für die Mehrweg-Versandtaschen im Sommer 2020 jedoch nur zwei Wochen belief, ist wahrscheinlich, dass die tatsächliche Umlaufzahl im Langzeittest deutlich niedriger ausfallen würde.

Die verfügbaren Daten deuten also darauf hin, dass die Rücklauf- und Durchlaufquoten für Mehrwegtaschen noch zu niedrig sind, um einen ökologischen Vorteil gegenüber vergleichbaren Einwegverpackungen zu haben. Dies könnte sich jedoch schnell ändern, wenn es gelingt die Rücklauf- und Durchlaufquoten zu steigern. Till Zimmermann vom Hamburger Forschungsinstitut Ökopol geht davon aus, dass die Rücklaufquoten für die Merhwegversandtaschen bei mindestens 90 Prozent liegen müssten, damit Mehrweg-Verpackungen eine wirklich nachhaltigere Alternative darstellen.

Die Branche sucht eine gemeinsame Lösung für Mehrweg-Versandtaschen

Alexander Ralfs, Director Supply Chain Management & Logistics bei Tchibo, betont die Notwendigkeit einer branchenweiten Lösung: „Für eine wirtschaftliche und nachhaltige Skalierung von Mehrweg-Verpackungen brauchen wir eine Branchenlösung. Also einen Standard, der verpackungsunabhängig von vielen Händlern genutzt werden kann und funktioniert. Wir planen deshalb, gemeinsam mit anderen Versandhändlern und Stakeholdern, an einer solchen Lösung zu arbeiten. Gespräche mit möglichen Partnern laufen bereits.“

Gibt es bald Pfand auf Mehrweg-Versandtaschen?

Tests verschiedener Online-Händler zeigen, dass Mehrweg-Versandtaschen bereits heute Rücklaufquoten von 75-80% erreichen können. Um diese Quoten weiter zu steigern und die Taschen ökologisch und wirtschaftlich sinnvoll zu machen, werden in Bezug auf eine branchenweite Lösung vor allem zwei Ideen diskutiert: Erstens soll die Rückgabe erleichtert werden, sodass Kunden die Taschen einfach bei verschiedenen Händlern, Paketstationen und Online-Shops zurückgeben können. Zweitens wird die Einführung eines Pfandsystems in Betracht gezogen. Ähnlich wie bei PET-Getränkeflaschen, die bereits Rücklaufquoten von 97% erzielen, könnte ein Pfand dazu führen, dass die Rücklaufquoten weiter steigen.

Karla Jabben findet die Idee für ein branchenweites Pfandsystem für Mehrweg-Versandtaschen gut: „Jetzt im ersten Test setzen wir auf den guten Willen und die Kooperationsbereitschaft unserer Kund*innen. Eine Dauerlösung kann das aber nicht sein. Langfristig müsste hier über ein einheitliches Pfand- und Rückführungssystem nachgedacht werden. Das aber kann nur als Branchenlösung funktionieren. Ich halte so ein System nicht für ausgeschlossen, Mehrweg- oder auch Plastikflaschen werden ja deutschlandweit heute auch oft mit Pfand ausgegeben – und die Kund*innen haben das akzeptiert. Wieso sollte das bei Versandverpackungen nicht auch funktionieren?“

EU-Verordnung: Bis 2030 sollen zehn Prozent aller Verpackungen wiederverwendbar sein

Der Einsatz von Mehrweg-Verpackungen im Onlinehandel soll laut der neuen EU-Verpackungsverordnung bis 2030 erheblich steigen. Ziel ist es, dass zehn Prozent der Verpackungen wiederverwendbar sind. Derzeit liegt der Anteil von Mehrweg-Verpackungen noch unter einem Prozent. Die Nachfrage nach wiederverwertbaren Verpackungen wird in den nächsten Jahren also voraussichtlich stark steigen. Wiederverwertbare Versandtaschen für Textilien und andere nicht-zerbrechliche Güter sind für Online-Händler vor diesem Hintergrund eine vergleichsweise einfache Möglichkeit, ihre Mehrwegquoten für Verpackungen zu erfüllen.

Einweg-Versandtaschen als Übergangslösung geeignet, wenn die CO2-Bilanz stimmt

Langfristig werden viele Online-Händler, besonders im Textilbereich, auf Mehrweg-Versandtaschen umsteigen. Unternehmen, wie Tchibo und OTTO leisten hier wichtige Pionierarbeit. Der große Wandel wird jedoch voraussichtlich erst mit der Einführung einer branchenweiten Lösung für Mehrweg-Versandtaschen kommen. Bis dahin können leichte Einweg-Versandtaschen aus recyceltem, oder biobasiertem Polypropylen (ca. 30g) eine sinnvolle Übergangslösung darstellen, da sie über den gesamten Lebenszyklus betrachtet weniger Ressourcen und CO2-Emissionen verursachen als herkömmliche Einwegkartons (180g). OTTO benutzt beispielsweise auch Versandtaschen aus Wildplastic, also recycelten Plastikmüll, aus der Umwelt. Auch Hermes und der Fan-Shop des BVB verwenden diese Taschen. Neben einer effizienteren Logistik und einer emissionsarmen Zustellung der Pakete sind diese Versandtaschen ein weiterer Baustein in der Nachhaltigkeitsstrategie des Unternehmens, um die Emissionen im Online-Handel weiter zu senken, und weniger Müll zu produzieren.

WILDPLASTIC Tuete OTTO
Seit knapp zwei Jahren machen OTTO und WILDPLASTIC® gemeinsame Sache für eine saubere Umwelt. Das Ergebnis: Die weltweit erste Versandtasche aus wildem Plastik © OTTO

Hier gehts zum Podcast

Teilen

Teilen


Artikel abonnieren


Loading

Ähnliche Beiträge

Habt ihr Fragen?
Abonnieren
Sprecht mit uns