Die INAK (Initiative natürliche Kreislaufwirtschaft e.V.) besteht seit Oktober 2024 und ist ein Zusammenschluss aus Unternehmen, Wissenschaftlern, Entsorgern und Zertifizierern. Die Initiative setzt sich für den Einsatz biologisch abbaubarer und kompostierbarer Materialien in sinnvollen Anwendungsbereichen ein, um natürliche Ressourcen im Kreislauf zu halten und Mikroplastik zu vermeiden. Katrin Schwede, Geschäftsführerin der INAK, hat uns im Interview erläutert, warum die biologische Kreislaufwirtschaft so wichtig für die Transformation zu einer nachhaltigen und zirkulären Wirtschaft ist und was hierzulande getan werden muss, um sie in die Praxis umzusetzen.
Unser Ziel ist es, die Schlüsselrolle der biologischen Kreislaufwirtschaft für die Transformation zu einer nachhaltigen, zirkulären Wirtschaft stärker in den Fokus zu rücken. Denn der biologische Kreislauf ist in den Diskussionen rund um die Etablierung der Kreislaufwirtschaft in Deutschland leider oft nur ein Randthema. Dabei ist die biologische Kreislaufwirtschaft essenziell, um die Ziele für Klima- und Ressourcenschutz zu erreichen und Kohlenstoffkreisläufe zu schließen.
Der Fokus der INAK liegt dabei auf dem Einsatz von biologisch abbaubaren und kompostierbaren Kunststoffen in sinnvollen Anwendungsbereichen, um natürliche Ressourcen im biologischen Kreislauf zu halten und gleichzeitig die Einträge von Mikroplastik in die Umwelt zu reduzieren. Wir wollen zu einem sachlichen, faktenbasierten Dialog beitragen und gemeinsam mit Industrie, Politik und Wissenschaft prüfen, wo der Einsatz dieser innovativen Materialien sinnvoll und vor allen Dingen auch notwendig ist, um Mikroplastikeinträge zu verhindern.
Biologisch abbaubare Kunststoffe sind innovative Materialien, die unter bestimmten Bedingungen mithilfe von Mikroorganismen wie Bakterien und Pilzen verstoffwechselt werden können. Dabei werden sie in einfache, natürliche Bestandteile wie Wasser, Kohlendioxid und Biomasse umgewandelt, die als Nährstoffe wieder in das Ökosystem zurückkehren und den Kohlenstoffkreislauf schließen.
Wir klären über den Wert und Nutzen biologisch abbaubarer Kunststoffe auf. Denn es gibt noch immer viele Missverständnisse zu diesen innovativen Materialien und Unsicherheiten über die tatsächlichen Abbaueigenschaften von biologisch abbaubaren und kompostierbaren Kunststoffen. Zudem wollen wir das Bewusstsein über die Eintragsquellen von Mikroplastik schärfen und die Bereiche aufzeigen, wo bereits gute Alternativen und Lösungen existieren, z.B. für Anwendungen in der Land- und Forstwirtschaft oder Sammelhilfen für Bioabfälle. Gleichzeitig setzen wir uns für den weiterhin notwendigen Forschungs- und Entwicklungsbedarf in diesem Bereich ein, insbesondere für die Weiterentwicklung entsprechender Standards und Normen für biologische Abbaubarkeit. Denn konkrete Anforderungen an den biologischen Abbau bestimmter Anwendungen, klare Kennzeichnungsvorschriften und eine umfassende Aufklärung sind unserer Meinung nach essenzielle Maßnahmen zur Reduzierung von Mikroplastikeinträgen an der Quelle.
Die Natur ist das Vorbild für eine echte Kreislaufwirtschaft. In der Natur geht nichts als Abfall verloren, sondern zirkuliert endlos: Alles wird verstoffwechselt und kehrt als Nährstoff wieder zurück in das Ökosystem. In der biologischen Kreislaufwirtschaft werden nachwachsende Rohstoffe aus Land- und Forstwirtschaft sowie zunehmend auch biogene Rest- und Abfallstoffe eingesetzt, um chemische Ausgangsstoffe und verschiedenste Produkte herzustellen. Diese Rohstoffe können dann im technischen Kreislauf zirkulieren, wiederverwendet und werkstofflich recycelt werden. Andere innovative Biopolymere haben außerdem die Eigenschaft der biologischen Abbaubarkeit und können von Mikroorganismen verstoffwechselt werden und als Nährstoffe für neues Pflanzenwachstum in den biologischen Kreislauf zurückkehren. So bringt die biologische Kreislaufwirtschaft nachhaltiges Wirtschaften, Wachstum und den Erhalt von Ressourcen zusammen und schließt den Kohlenstoffkreislauf.
Im Entwurf der nationalen Kreislaufwirtschaftsstrategie und auch im Entwurf der nationalen Biomassestrategie wird bereits festgehalten, dass Biomasse, neben Rezyklaten und CO2-basierten Rohstoffen, in Zukunft eine große Rolle spielen wird, um den Kohlenstoffbedarf der chemischen Industrie und der Kunststoffindustrie zu decken und um die Abhängigkeit von fossilen Rohstoffen zu verringern. Um den steigenden Bedarf an nachwachsenden Rohstoffen und biogenem Kohlenstoff zu decken, braucht es eine starke und zukunftsfähige Land- und Forstwirtschaft sowie gezielte Anreize zur stofflichen Nutzung biogener Rohstoffe.
Richtig, um den Kohlenstoffkreislauf konsequent zu schließen, ist es zwingend erforderlich, den gesamten Kreislauf in den Blick zu nehmen und vor allem auch die Lücken zu betrachten, wo Materialien aus dem technischen Kreislauf heraus in den biologischen Kreislauf gelangen. Hier können innovative, biologisch abbaubare Biopolymere dazu beitragen, dass die wertvollen Ressourcen in dem biologischen Kreislauf zirkulieren können.
Das größte Potenzial liegt aktuell in zwei Bereichen. Zum einen in den Kunststoffanwendungen, die als Fehlwürfe in den Bioabfall gelangen, z.B. Teebeutel, Kaffeepads, Obst- und Gemüsesticker, und die sogenannten dünnen „Hemdchenbeutel“.. Zum anderen sind das Kunststoffanwendungen, die in der Natur verbleiben, zum Beispiel weil sie aufgrund von Verwitterung oder Abrieb nicht mehr eingesammelt werden können. Das sind vor allem Anwendungen in der Land- und Forstwirtschaft, wie Mulchfolien, Pflanzenclips, Schnüre, Wuchshüllen, Manschetten, Pheromonfallen und vieles mehr. Hier gibt es bereits sehr gute Alternativen am Markt, die für den biologischen Abbau im Boden zertifiziert sind.
Auch wenn die genauen Auswirkungen von Mikroplastik noch nicht vollständig erforscht sind, steht fest, dass Mikroplastik, wenn es einmal in der Umwelt ist, nicht mehr oder nur sehr schwer wieder aus der Umwelt entfernt werden kann. Deshalb müssen wir den Eintrag an Mikroplastik bereits an der Quelle reduzieren. Dafür ist es wichtig, das Bewusstsein für die Ursachen aber auch für existierende Alternativen zu schärfen und rechtliche Rahmenbedingungen und Anforderungen an den biologischen Abbau bestimmter Kunststoffanwendungen zu fördern.
Deutschland investiert bereits an vielen Stellen, unter anderem durch das Bundesministerium für Bildung und Forschung, in die Forschung und Entwicklung innovativer Biopolymerlösungen. Dieses Engagement ist wichtig und soll gemäß dem Entwurf der nationalen Kreislaufwirtschaftsstrategie auch weiter ausgebaut werden, was wir sehr begrüßen. Darüber hinaus braucht es aber konkrete Maßnahmen, damit sich diese Innovationen dann auch tatsächlich am Markt etablieren können. Das kann zum Beispiel erreicht werden durch Anreize zum Einsatz von Biomasse oder biogenen Sekundärrohstoffen, oder konkrete Anforderungen an die biologische Abbaubarkeit für bestimmte umweltoffene Kunststoffanwendungen.
Oben genannte Maßnahmen können dazu beitragen, innovative Lösungen am Markt zu etablieren und deren Wettbewerbsfähigkeit zu verbessern. Generell braucht es meiner Meinung nach aber eine größere politische und gesellschaftliche Akzeptanz für die Potenziale von Innovationen und einen rechtlichen Rahmen, der neue Technologien und Lösungsansätze ermutigt anstatt ausbremst. Wir brauchen neue Ideen anstatt das Festhalten an alten linearen Mustern.
Die notwendigen Änderungen für einen nachhaltigen Umgang mit Kunststoffen können nur gemeinsam gelingen im Dialog mit Industrie, Politik, Wissenschaft und Gesellschaft. Das schließt in unserem Falle natürlich die Chemie- und Kunststoffindustrie ein, aber eben auch die Bereiche der Abfallentsorgung und -verwertung, der Land- und Forstwirtschaft, Garten- und Landschaftsbau, Ökolandbau, Handel, Umwelt- und Naturschutz und viele Bereiche mehr.
In der Tat, vor allem in Italien, Österreich, Spanien oder Irland ist man schon sehr viel weiter und hat eine Reihe kompostierbarer und biologisch abbaubarer Kunststoffanwendungen fest – auch rechtlich – etabliert, um mehr Ressourcen im biologischen Kreislauf zu halten und um Mikroplastik zu reduzieren. Im Vergleich dazu gibt es hierzulande noch großen Handlungsbedarf.
Vielen Dank Frau Schwede für das sehr interessante Gespräch!
Katrin Schwede hat ein abgeschlossenes Studium in Kommunikationswissenschaften und Public Affairs (PA). Zunächst arbeitete sie in verschiedenen PR- und PA-Agenturen, bis sie 2015 zum Europäischen Verband für Biokunststoffe der European Bioplastics kam, wo sie viele Jahre die Öffentlichkeitsarbeit und Kommunikation leitete, wie auch den Bereich Public Affairs. Seit Anfang 2024 war sie Geschäftsführerin des Verbund kompostierbare Produkte e.V. und trieb die Neuaufstellung des Verbandes zur INAK maßgeblich voran. Mit der Neugründung der INAK ist sie seit Oktober 2024 für deren Geschäfte verantwortlich.
Die Initiative natürliche Kreislaufwirtschaft e.V. (INAK) ist ein aus dem ehemaligen Verbund kompostierbare Produkte e.V. hervorgegangener Zusammenschluss von Unternehmen entlang der Wertschöpfungskette. Sie setzen sich für den Einsatz biologisch abbaubarer und kompostierbarer Materialien in sinnvollen Anwendungsbereichen ein. Ziel ist es, Mikroplastikeinträge zu vermeiden und natürliche Ressourcen im Kreislauf zu halten. Die Mitgliedsunternehmen aus Deutschland und den europäischen Ländern Frankreich, Italien sowie Österreich bilden die gesamte Wertschöpfungskette ab – von der Herstellung der Rohstoffe bis hin zu den Endprodukten, einschließlich Zertifizierungsunternehmen und Entsorgungsdienstleister.