Kunststoffe haben den Fußballsport grundlegend verändert. Polymere Werkstoffe machen das Spiel dynamischer und ermöglichen technische Spitzenleistungen, wie sie bei der aktuellen Fußball-Europameisterschaft 2024 zu sehen sein werden. Diese Materialien haben nicht nur die Spielweise, sondern auch die Ausrüstung und Infrastruktur des Sports revolutioniert und verringern gleichzeitig den ökologischen Fußabdruck im Sportbereich bei erhöhtem Komfort.
Wie eng die Kreislaufwirtschaft und der Fußball verbunden sind zeigt ein Blick in die Geschichte. Früher wurden Fußbälle und Schuhe aus schwerem Leder hergestellt, was das Spiel schwer und langsam machte. Mit der Einführung synthetischer Materialien in den 1960er Jahren änderte sich das. Der „Azteca México“-Ball, der erste vollständig aus synthetischen Materialien hergestellte Ball bei der Weltmeisterschaft 1986, ermöglichte ein präziseres und schnelleres Spiel. Heute bestehen moderne Fußbälle aus thermoplastischem Polyurethan (TPU) und Schaumstoffen, die hervorragende Flugeigenschaften bieten. Der offizielle Spielball der diesjährigen Europameisterschaft heißt „Fußballliebe“ und stammt von Adidas.
Parallel zum Ball haben sich auch die Fußballschuhe dank Kunststoff- und Klebstofftechnologien weiterentwickelt. Früher aus schwerem Leder gefertigt, sind moderne Schuhe heute leichter, flexibler und bieten besseren Schutz und Komfort. Seit 1973 mussten austauschbare Stollen aus Leder, Gummi, Aluminium oder ähnlichem Material bestehen, während Sohlen mit festangebrachten Stollen auch aus Kunststoff, Polyurethan oder anderen weichen Materialien hergestellt werden konnten. Synthetische Materialien in den Sohlen und Obermaterialien ermöglichen eine bessere Ballkontrolle und reduzieren das Verletzungsrisiko. Die Schuhe wurden flexibler und bequemer, was den Spielern auf dem Feld mehr Beweglichkeit und Geschwindigkeit verleiht. Dank 3D-Drucktechnologien entstehen nahtlose und individuelle Designs, die früher unmöglich waren.
Eine weitere große Veränderung kam mit der Einführung von synthetischen Fasern in der Sportbekleidung. Früher waren Baumwolltrikots, die bei Nässe schwer und unangenehm zu tragen waren, im Einsatz. Heute tragen Sportlerinnen und Sportler moderne Polyestertrikots und Hosen die Feuchtigkeit ableiten und auch an den heißesten Spieltagen trocken halten und atmungsaktiv bleiben.
Auch Stadien profitierten von den neuen Materialien, insbesondere bei der Verkleidung und den inzwischen bei neuen Arenen zum Standard gewordenen oft sehr aufwändigen, tragenden Dachkonstruktionen, welche die Zuschauer und Spieler vor Regen, Wind und Sonne schützen sollen. Zuschauer sitzen heute meist auf leichten und robusten Kunststoffsitzen, die witterungsbeständig und schwer entflammbar sind und selbst im Fall von Vandalismus einfach ersetzt werden können. In einigen Stadien sind die Sitze zudem beschichtet, so dass sie noch resistenter gegen Feuer sowie wasserabweisend sind oder sich in der Sonne langsamer aufheizen. Auch bei der Stadiontechnik wie den elektronischen Displays und Videowalls spielen Kunststoffe wie überall in der Informations- und Kommunikationstechnik eine wesentliche Rolle.
Seit den 1960er Jahren sind Kunstrasenplätze immer beliebter, insbesondere im Amateurbereich. Hybridsysteme kombinieren Kunstrasenfasern aus Polyethylen (PE) mit Naturrasen, was die Strapazierfähigkeit erhöht. Diese innovativen Spielfelder können bis zu dreimal häufiger bespielt werden als herkömmlicher Sportrasen. Insbesondere im Amateurbereich haben sie einen festen Platz, da sie ein gleichmäßiges Spielerlebnis ermöglichen und weniger Wasser und Pflege als Naturrasen benötigen.
In einem Hybridsystem werden die Vorzüge des robusten, aber bei Spielern unbeliebten Kunstrasens mit den angenehmen Spieleigenschaften des Naturrasens kombiniert. Kunstrasenfasern, in der Regel aus Polyethylen, werden so in Naturrasen implantiert, dass die Graswurzeln mit den Synthesefasern verwachsen. Es entsteht die Basis eines robusten Hightech-Spielfelds, das mindestens dreimal häufiger bespielt werden kann als üblicher Sportrasen, danach jedoch fachgerecht entsorgt werden.
Da auch im Fußball das Bewusstsein für Nachhaltigkeit und Kreislaufwirtschaft zunimmt, gibt es auch hier Bemühungen, bessere Sortier- und Aufbereitungsverfahren zu entwickeln, um die verschiedenen Materialien leichter voneinander zu trennen, oder Kunstrasen bereits von Beginn an so zu entwerfen, dass er sich optimal trennen und recyceln lässt.
Die wachsende Bedeutung der Nachhaltigkeit führt zu verstärkten Bemühungen um Recycling im Fußballsport. Das Beispiel des Kunstrasens zeigt, vor welchen großen Herausforderungen der Sport noch steht, trotz des wachsenden Bewusstseins für die Kreislaufwirtschaft. Einige Sportartikelhersteller haben mittlerweile damit begonnen, Rücknahmeprogramme für alte Ausrüstungen anzubieten, um abgenutzte Trikots und Accessoires zu recyceln. Das Polyester, das in diesen Produkten verwendet wird, kann gut recycelt und zu neuen Fasern verarbeitet werden. Die offiziellen Trikots der deutschen Nationalmannschaft für die Fußball-Europameisterschaft 2024 bestehen bspw. nach Angabe des Herstellers bereits zu 100% aus recyceltem Polyester.
Anders sieht es bei Fußbällen oder Fußballschuhen aus, die schwieriger zu recyceln sind, da sie meist aus mehreren Kunststoffen bestehen, die fest miteinander verklebt sind. Es gibt jedoch vereinzelt Initiativen, um gebrauchte Schuhe und Bälle zu sammeln und wiederzuverwenden oder sie für andere Zwecke aufzubereiten. Immer mehr Kunststofferzeuger und -verarbeiter beliefern die Sportartikelhersteller inzwischen mit – wenigstens zum Teil – biobasierten oder recycelten Materialien.
Für eine funktionierende Kreislaufwirtschaft müssen Sportartikel langlebig, reparierbar und leicht recycelbar sein. Rücknahmesysteme und zirkuläre Geschäftsmodelle könnten helfen, den CO2 -Fußabdruck zu reduzieren. Mit diesen Maßnahmen kann der Fußballsport weiterhin auf höchstem Niveau betrieben werden, während er gleichzeitig zur nachhaltigen Entwicklung unserer Gesellschaft beiträgt.