Ornamin entwickelt und produziert nachhaltige Produkte aus Mehrweg-Kunststoff, die zu 100% recycelbar sind. Wir haben mit Milena von der Emde, Mitglied der Geschäftsleitung und Gesellschafterin, über den Werkstoff Kunststoff und über Mehrwegbehälter als Alternative zu Einwegbehältern gesprochen – und darüber, was passieren muss, um die Akzeptanz für Mehrwegsysteme bei den Verbraucher:innen zu erhöhen.
Kunststoff ist ein sehr interessanter, vielseitiger Rohstoff. Wird richtig damit umgegangen, ist er einer der nachhaltigsten Rohstoffe, die es gibt. Kunststoff lässt sich bei richtiger Verarbeitung vollständig recyceln und ohne nennenswertes Downcycling wieder als Rohstoff verwenden. Genau das leben wir bei Ornamin: Bei uns werden der Ausschuss, der in der Produktion anfällt, oder Produkte, die von Kund:innen zurückkommen, wieder eingemahlen und als Rohmaterial eingesetzt. Dafür haben wir bereits große Investitionen in verschiedene Mühlen getätigt, mittlerweile können wir auch Spritzklumpen recyceln.
Aus unserer Firmenphilosophie heraus produzieren wir keine Einwegkunststoffteile und nur langlebige und hochwertige Produkte mit sinnvollem, bzw. mehrfachen Nutzen. Für den schlechten Ruf von Kunststoff sind eher Einweg- oder Wegwerfartikel aus Kunststoff verantwortlich, wobei hier auch eine wichtige Differenzierung zwischen beispielsweise medizinischen Produkten und Einwegverpackungen für to-go Gerichte zu machen ist.
Die Nachhaltigkeit hat mit dem Eintritt meines Vaters – Dr. Holger von der Emde – Einzug in die Unternehmensgrundsätze von Ornamin gefunden. Das Recycling ist ein Teil davon. Den Hersteller „unseres“ Biomaterials kennt mein Vater bereits seit mehr als 10 Jahren. Die erste Bio-Linie entstand bereits 2013, die Nachfrage beschränkte sich leider auf wenige Einzelfälle. Die Beweggründe nun erneut eine Bio-Linie für das Ornamin 2GO-Sortiment einzuführen resultierten aus der erhöhten Nachfrage aus dem Markt, aber auch weil das Material qualitativ sehr hochwertig ist. Zudem wird es ebenfalls in Deutschland hergestellt und entspricht unseren Ansprüchen in Bezug auf Nachhaltigkeit und die Einsatzbereiche im Alltäglichen durch unsere Kunden. Mit dem Aufbau des 2GO-Sortiments in den vergangenen Jahren passen hier auch die Kundenstruktur und die Anforderung an das Geschirr perfekt ins Thema – darum haben wir uns hier für die zusätzliche Bio-Linie entschieden.
Das Ornamin 2CARE-Geschirr ist bereits seit über 15 Jahren Bestandteil des Geschirrsortiments und wird stetig weiterentwickelt. Auch dieses Teilsortiment zeichnet sich aufgrund der anspruchsvollen Design-Kriterien durch den Alleinstellungscharakter aus. Die Produkte wurden mit dem Gedanken entwickelt, die Selbstständigkeit von Menschen mit motorischen Einschränkungen oder Erkrankungen zu erhalten, ohne dass die Betroffenen am Tisch stigmatisiert werden. Nach dem Prinzip des Universal Designs wurde so ein breites Sortiment aufgebaut, das bis heute ein wichtiger Bestandteil des Ornamin-Geschirrs ist.
Die Nachfrage ist sowohl im Bereich der Endkund:Innen, als auch im Bereich der B2B-Kunden sehr groß. Und mit der Entwicklung des demografischen Wandels steigt die Nachfrage stetig.
Meistens werden wir im Zuge eines Mehrwegprojektes bei einer Stadt, einer Gemeinde, einer Kantine oder einem Verein direkt gefunden und aktiv angesprochen. Häufig können wir dann mit unseren hochwertigen Produkten punkten. Im Verlauf des Projektprozesses ergeben sich häufig die verschiedenen Ansprüche der Kunden und wir versuchen alles möglich zu machen.
Für das Projekt mit Luxemburg wurden vier kundeneigene Werkzeuge gebaut. Hier arbeiten wir mit einem Material, welches speziell nur für diesen Kunden eingesetzt wird. Dazu lassen wir prüfen, ob dieses den strengen Richtlinien für den Kontakt mit Lebensmitteln entspricht. Das heißt, alle Arbeit in Bezug auf Konformitäten haben wir im Projekt mit umgesetzt.
Hier hilft uns die jahrzehntelange Erfahrung mit Großkunden und großen Projekten, wie zum Beispiel mit dem Studentenwerk Göttingen oder dem Studierendenwerk Bielefeld. Auch der SV Werder Bremen ist aktiv auf uns zugekommen und wir haben das Rennen gegen verschiedene Wettbewerber aufgrund unserer authentischen Nachhaltigkeit gemacht. Dieser Punkt war dem Verein sehr wichtig. Heute haben wir die Mannschaft mit individuellen Mehrwegschalen ausgestattet, beliefern den Fanshop und unterstützen den Verein bei regionalen Projekten, beispielsweise mit bedruckten Werder-Brotdosen als Willkommensgeschenk für Erstklässler zur Einschulung.
Wir verkaufen kein Pfand- oder Tauschsystem, sondern die notwendigen Produkte dafür. Unsere Erfahrungen zeigen, dass die jeweiligen Anforderungen an ein System so individuell sind, dass dieses kundenspezifisch angepasst werden muss.
Die Mehrwegpflicht, wie sie aktuell vorliegt, ist unserer Einschätzung nach bei weitem nicht so wirkungsvoll, wie von vielen erwartet. Viele Betriebe sind aufgrund ihrer Größe oder Mitarbeiterzahl nicht betroffen. Und ansonsten reicht es, ein Mehrweg-Angebot unterbreiten zu können, dazu genügen schon wenige Schalen.
Ob der Umstellungsprozess auf Mehrwegschalen kommt, wird letztlich von den Endkund:innen ausgehen. Erst, wenn die Restaurantbesucher anfangen nach Mehrwegschalen zu fragen, wird die Gastronomie sich intensiver damit beschäftigen. Und dann bleibt noch die Frage, worauf es wirklich hinauslaufen wird – werden die Kund:innen irgendwann ihre eigenen Gefäße mitbringen oder wird es auf lokale Mehrwegsysteme hinauslaufen? Eine nationale Lösung kann ich mir aufgrund der Komplexität nicht vorstellen.
Aus unserer Sicht müsste diese Frage an andere Stellen adressiert werden, denn das liegt in der Verantwortung des Gesetzgebers. Die höchste Akzeptanz gegenüber Pfandsystemen besteht vermutlich im Bereich Getränkeflaschen und dort insbesondere bei Standardflaschen. Wenn der Gesetzgeber dieses Thema weiterentwickeln möchte, wäre es sinnvoll, sich an diesen Best-Practice-Beispielen zu orientieren.
An regionalen Beispielen wie Luxemburg oder Städte-Bechern sowie in „geschlossenen“ Bereichen wie Universitäten oder Sportstadien ist jedoch ersichtlich, dass Mehrwegprojekte durchaus hohe Akzeptanz bei Verbraucher:innen haben können.
Ich persönlich würde mir im ersten Schritt eine differenziertere Diskussion über Kunststoff wünschen. Diese könnte durch echte Aufklärungskampagnen, die nicht nur Kunststoffbashing beinhalten, unterstützt werden. Von der eigenen Branche würde ich mir wünschen, dass wir alle nachhaltig und sinnvoll mit diesem großartigen Werkstoff umgehen, dass die Möglichkeit des Recyclings genutzt wird und dass dies an allen Stellen auch kommuniziert wird.
Und um die Zukunft des Themas Mehrweg zu vergrößern, sollte der tägliche Umgang damit gefördert werden. Aber ich bin sicher, das Interesse muss aus dem Markt selbst kommen. An dieser Stelle sollten wir ansetzen.
Milena von der Emde ist bei Ornamin Mitglied der Geschäftsleitung und Gesellschafterin. Sie ist verantwortlich für das Produktmanagement und für die Online-Präsenz des Unternehmens. Die studierte Bio-Chemikerin wurde 1999 in Bad Saulgau geboren. Sie studierte von 2017 bis 2020 in Göttingen und beendete das Studium mit einem Bachelorabschluss. Seit 2020 ist sie bei ORNAMIN für das Produktmanagement zuständig. 2021 erwarb sie die ersten 10 % der Unternehmensanteile und 2022 kamen weitere 35 % hinzu. Seit 2022 verantwortet sie zusätzlich den Web-Auftritt des Unternehmens.
Headerbild: Ornamin