Seit rund zwei Jahren kämpfen viele Menschen mit dem Umgang mit Plastikflaschen. Der Grund: Deren Deckel lassen sich häufig nicht mehr abnehmen und stören dadurch oftmals beim Trinken. Doch warum lassen sich die Deckel denn nicht mehr herunterschrauben? Philip Heldt von der NRW-Verbraucherzentrale liefert eine Erklärung gegenüber dem Redaktionsnetzwerk Deutschland: „Hintergrund ist, dass man bei einem Monitoring an europäischen Stränden relativ viele Plastikdeckel gefunden hat.“ Dadurch sei eine neue EU-Vorgabe entstanden, die festsitzende Deckel ab 2024 vorschreibt. Das ist Teil der Kampagne, um die Produktion von klimaschädlichem Plastikmüll zu verringern.
Mit dem Inkrafttreten von §3 der Einwegkunststoffkennzeichnungsverordnung (EWKKennzV) am 3. Juli 2024 hat die Bundesregierung Vorgaben der Europäische Union (EU) für mehr Ressourcen- und Umweltschutz umgesetzt. Ab sofort müssen alle Verschlüsse an Einweg-Getränkeflaschen, die aus Kunststoff bestehen und ein Volumen von bis zu 3 Liter aufweisen, fest mit dem Behälter verbunden sein. Das Ziel dieser Tethered Caps (umgangssprachlich „Lass mich dran-Deckel“) ist es, die Verschlüsse zusammen mit den Flaschen für das Recycling zu sammeln. In der Praxis hat sich die Umstellung auf Tethered Caps etabliert: Zahlreiche namhafte Hersteller nutzen die neuen Verschlüsse bereits seit mehreren Jahren. Darüber hinaus arbeitet die Industrie fortlaufend an neuen Verpackungsdesigns, um das Handling zu optimieren.
Nachdem die Kritik vieler Menschen auf die Getränke-Hersteller eingeprasselt war, äußerte sich Coca-Cola Ende 2022 wie folgt: „Uns ist klar: Manchmal erscheint es unbequem, wenn bewährte Dinge verändert werden. Man muss sich einen kleinen Ruck geben, um über das Gewohnte hinauszuschauen und Potenzial für Verbesserungen zu sehen.“ Wirklich warm mit der neuen Art des Verschlusses wurden die wenigsten.
„Tethered Caps tragen dazu bei, dass kein Verschluss mehr verloren geht und alle Bestandteile der Flaschen effizient recycelt werden. Diese Umstellung erfordert zwar eine gewisse Anpassung seitens Industrie und Verbraucher, ist jedoch gleichzeitig ein weiterer Schritt zur Förderung der Kreislaufwirtschaft und zum Vermeiden des achtlosen Wegwerfens“, sagt Mara Hancker, IK-Geschäftsführerin Kommunikation. „Vielleicht wäre es aus deutscher Perspektive nicht eine der drängendsten Maßnahmen gewesen, aber die Industrie hat die Herausforderung beherzt angenommen und materialsparende Lösungen geliefert. Wir Verbraucher gewöhnen uns Tag für Tag mehr daran.“ Im deutschen Pfandsystem wurden Flaschen und Verschlüsse bis dato weitgehend zusammen zurückgegeben. Mit der neuen EU-Verordnung verringert sich das Risiko einer Trennung zusätzlich.
Die Getränkeindustrie hat proaktiv auf die neuen Anforderungen reagiert und effiziente Lösungen entwickelt, die nicht nur umweltfreundlich sind, sondern auch ein angenehmes Handling für die Verbraucher sicherstellen. Namhafte Abfüller und Markenhersteller haben bereits im Jahr 2021 mit der Einführung der Tethered Caps begonnen – schließlich ging der Einführung ein intensiver Innovations- und Entwicklungsprozess voran.
„Die Industrie ist sich ihrer Verantwortung bewusst und arbeitet intensiv daran, Umweltschutz und Ressourcenschonung mit praktischen Verpackungslösungen zu vereinen“, betont Mara Hancker. Die Einwegkunststoff-Richtlinie der EU wurde 2019 verabschiedet, um die Auswirkungen bestimmter Kunststoffprodukte auf die Umwelt zu minimieren. Die Einführung von Tethered Caps ist ein wesentlicher Bestandteil dieser Richtlinie.
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Ein TikToker sorgte direkt nach Einführung der Richtlinie mit einem Video besonders für Aufsehen. Der User @aboutmalte beschreibt sich selbst als „CEO of Lifehacks“. Regelmäßig teilt er mit seinen Followern Tricks aus dem Alltag, die einem das Leben erleichtern sollen. Und er kommt gut an bei der Community, zählt stolze 1,1 Millionen Follower (Stand: 1. November 2024). In einem seiner Videos erklärte Malte, wie man auch mit den neuen Deckeln problemlos aus einer Plastikflasche trinken kann. Anstatt den Deckel neben der Öffnung zu lassen, zieht der TikToker den Deckel einmal über die Öffnung auf die andere Seite. Dadurch hängt der Deckel dort lose zur Seite und es ist ausreichend Platz zu trinken. Aber sehen Sie selbst:
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Die Reaktion seiner Follower in den Kommentaren auf den Deckel-Lifehack fällt unterschiedlich aus. Einige feiern die Idee, andere sind eher skeptisch.
Auch wenn die Anpassung für einige gewöhnungsbedürftig ist, zeigt sich, dass die meisten Menschen im Alltag akzeptieren, dass verbundene Verschlüsse bald Standard sind. Mit der Zeit könnte sich dies als normal und selbstverständlich etablieren, ähnlich wie andere Verpackungsstandards.
Insgesamt wird die EU-Pflicht von vielen als sinnvoller Schritt zur Reduzierung von Plastikabfällen betrachtet, auch wenn es anfangs einige praktische Herausforderungen und Umstellungen gibt.
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