Kraftvoll taucht das Paddel in das glatte Wasser der Regattastrecke in Duisburg ein, in einem wahnwitzigen Tempo und vollkommenem Schlagrhythmus. Gischt spritzt am Bootsbug hoch, das Kanu schießt förmlich über den See. Noch ein fester Schlag, dann ist das große Ziel erreicht und Sebastian Brendel ist als Erster im Ziel eingelaufen. Den pumpenden Körper leicht vorgebeugt, lässt sich der mehrfache Kanu-Rennsport Olympiasieger, Welt- und Europameister hinter der Ziellinie in seinem Boot treiben. Nicht nur Brendel ist am Ende seiner Kräfte, auch sein Material hat alles gegeben. Das aerodynamische Kanu, das robuste und trotzdem flexible Paddel sowie die atmungsaktive Kleidung waren genau auf die Anforderungen des Rennens zugeschnitten – und damit Grundlage für den Erfolg des Sportlers. Möglich machte dies ein Material: Kunststoff.
Finalrennen, Pokalsiege und die Jagd nach Rekorden begeistern Menschen von jeher für den Sport. Und auch der Breitensport lebt davon, dass sich Menschen bei der sportiven Betätigung wohl fühlen und ihren Vorbildern nacheifern können. Kunststoffe helfen aufgrund ihrer maßgeschneiderten Eigenschaften mit, die besten Voraussetzungen dafür zu schaffen. Und so verwundert es nicht, dass das Material den Sport regelmäßig revolutioniert.
Ob beim Wassersport, Fußball, Mountainbiking, Tennis, Skifahren oder Golf, die heute verwendete Sportausrüstung hat sich zu früher grundlegend verändert: Moderne Materialien sind leichter, fester und gleichzeitig flexibler. Top-Kanut Sebastian Brendel hätte mit einem älteren Kanu große Probleme in der Weltspitze mitzufahren. Bei seinen Rennen trägt er Funktionskleidung aus Kunstfaser, die atmungsaktiv, winddicht und federleicht ist. Durch die Verwendung spezieller Stretchstoffe liegt sie wie eine zweite Haut am Körper an und bringt so die optimale Bewegungsfreiheit.
Auch der Deutschen liebste Sportart, der Fußball, hat sich durch die Weiterentwicklung von Kunststoffen gewandelt – und ist so noch populärer geworden. Längst ist der Spielball wie auch bei der Weltmeisterschaft 2022 nicht mehr aus Leder, sondern aus maßgeschneidertem Kunststoff. Damit saugt der Ball bei Regen kein Wasser auf, bildet sich direkt nach dem Schuss in seine ursprüngliche Form zurück und ermöglicht so eine präzise Flugbahn. Auch die Stollenschuhe sind aus einer Vielzahl verschiedener Kunststoffe. Sie garantieren eine gute Dämpfung und einen guten Halt auch auf nassem Boden. Das Mannschaftstrikot besteht aus leichten, atmungsaktiven Kunstfasertextilien, so dass sich die Shirts nicht mit Schweiß oder Wasser vollsaugen. Die Beine der Fußballer sind durch perfekt sitzende Schienbeinschoner aus Kunststoff geschützt, die fast jeden Tritt abmildern.
Das Ergebnis: Fußballspiele sind heute viel schneller, dynamischer und athletischer als früher! Ähnliche Entwicklungen gibt es übrigens in vielen weiteren Sportarten: Eine Bespannung des Tennisschlägers mit Schafsdarm – längst passé. Fahrradrennen auf dem „Drahtesel“ – ein Relikt aus alter Zeit. Kanus aus Holz – höchstens etwas für Nostalgiker.
Wegbereiter für den Siegeszug der Kunststoffe im Sport ist häufig der Hochleistungssport. Sportkleidung und -geräte aus Kunststoff sorgen für eine stete Verbesserung von Wettkampfergebnissen. Nur zwei Beispiele: Der deutsche Sprinter Armin Hary erlief sich 1960 in Rom seine Goldmedaille über 100 m noch auf einer Aschenbahn, heute gibt es in den Olympiastadien ausschließlich Kunststoffbahnen – und die Läufer sind darauf deutlich schneller unterwegs. Bei den Olympischen Spielen 1952 in Helsinki übersprang der Amerikaner Richards mit einem Bambusstab die Höhe von 4,55 Meter, der Schwede Armand Duplantis kam mit einem kohlefaserverstärkten (CFK) Kunststoffstab bei Olympia 2021 in Tokio über sechs Meter hoch.
Von den Verbesserungen im Leistungssport profitiert auch der Freizeitsportler: Bei Laufschuhen sorgen leichte, hochelastische und stoßabsorbierende Kunststoffe auch beim Jogger im Park für ein optimales Stützen und Dämpfen der Bewegungen. Das schont die Gelenke und schützt vor dem Umknicken. Bringt ein Freizeitsportler ein paar Kilo mehr auf die Waage, kann dies durch den unterschiedlichen Aufbau und unterschiedliche Härteeinstellungen der Sportschuhsohle berücksichtigt werden. Selbst bei Schuhen für ein- und dieselbe Sportart ist das Angebot mittlerweile auf jedes Bedürfnis zugeschnitten: So kann man beim Tennisspielen u.a. zwischen Schuhen für Sand-, Rasen- oder Granulatplätzen wählen. Und die nächste Sportschuhgeneration steht bereits in den Startlöchern: So hat ein Startup ein Software-Tool entwickelt, mit dem man seinen idealen Laufschuh finden kann, ohne diesen zuvor anprobiert zu haben – KI und moderne Werkstoffe machen es möglich.