Der Earth Overshoot Day in Deutschland fällt in diesem Jahr auf den 4. Mai. Wir haben hierzulande also innerhalb von etwas mehr als vier Monaten bereits so viele natürliche Ressourcen verbraucht, wie die Erde innerhalb eines Jahres erneuern kann. Damit besteht dringender Handlungsbedarf für mehr Nachhaltigkeit in unserer Gesellschaft. Wir haben mit Axel Subklew, Sprecher der Initiative „Mülltrennung wirkt“ darüber gesprochen, welche Rolle unser duales System hier spielt, wie wichtig die richtige Mülltrennung in den Privathaushalten ist und warum Design for Recycling entscheidend ist.
Das Recycling von Verpackungen ist ein wichtiger Teil der Lösung, um Rohstoffe zu schonen und letztendlich das Klima zu schützen. Eine Studie des Öko-Instituts belegt, dass wir jährlich 1,95 Millionen Tonnen CO2-Äquivalente durch die dualen Systeme, also mit der Sammlung, Erfassung und Verwertung von gebrauchten Glas-, Papier- und Leichtverpackungen sparen. Aus den Verpackungen, die wir über die getrennten Sammelsysteme in den Kreislauf führen, bekommen wir rund vier Millionen Tonnen Rohstoffe wieder zurück. Diese können wir in Produkte und Verpackungen zurückführen. Wir retten also Rohstoffe und leisten einen nachgewiesenen Beitrag zum Klimaschutz.
Industrie und Verbraucher:innen können und müssen eine Menge tun. Im Bereich Abfalltrennung und Recycling ist es wichtig, dass die Verpackungen, die sich nicht vermeiden lassen, im richtigen Sammelsystem landen. Verpackungen sind Rohstoffe und kein Müll. Landen sie nicht im richtigen Sammelsystem, haben wir keine Chance dieses Material zu recyceln und damit positive Umwelteffekte zu erzielen. Deshalb ist es wichtig Fehlwürfe in die Gelbe Tonne und den Gelben Sack zu vermeiden, denn die machen die Sortierung schwieriger und damit das Recycling – oder verhindern es sogar. Auch Verunreinigungen wie Essensreste beeinträchtigen und Akkus sowie Batterien bedeuten sogar eine immense Brandgefahr. Umgekehrt gehen Verpackungen im Restmüll als Wertstoffe für das Recycling für immer verloren.
Die Themen Plastik in der Umwelt, Rohstoffsicherung, Lieferketten und die Klimakatastrophe beschäftigen die Menschen. Gleichzeitig hat das Verpackungsgesetz sehr starke und gute Impulse gesetzt und das Thema Mülltrennung neu belebt. Die Verwertungsquoten, die wir mit den dualen Systemen erreichen, sind deutlich gestiegen. Meines Wissens haben wir mit die höchsten Quoten in Europa. Auch die Verpflichtung Verbraucher*innen über richtige Abfalltrennung zu informieren, die ebenfalls aus dem Verpackungsgesetz hervorgeht, spielt eine wichtige Rolle. Dass wir darüber reden: Warum ist Mülltrennung wichtig und was ist der Effekt von Mülltrennung? Aber auch zu erläutern, warum das System in Deutschland funktioniert. Denn es gibt noch immer zahlreiche Vorurteile und Mythen, die Verbraucher verunsichern. Wir haben ein sehr leistungsfähiges System, das sieht man an den Quoten, die die dualen Systeme erfüllen.
Selbstverständlich müssen sich alle Beteiligten der Wertschöpfungskette von Verpackungen weiter anstrengen, um die ambitionierten Ziele des Verpackungsgesetzes zu erfüllen. Dazu gehören dann u.a. auch Themen wie Recyclingfähigkeit von Kunststoffen und den Einsatz von Rezyklaten – sowohl in Produkten, wie auch in Verpackungen. Ebenso wie die Weiterentwicklung von Sortier- und Verwertungstechnologien.
Ein weiteres wichtiges Thema für das Recycling ist Design for Recycling, das aus Paragraph 21 des Verpackungsgesetzes hervorgeht. Denn Kreislaufwirtschaft benötigt Unterstützung der gesamten Wertschöpfungskette von Verpackungen. Tatsächlich ist schon das Produktdesign zu Beginn des Prozesses entscheidend. Wir können nur das recyceln, was zum einen richtig getrennt wurde und was auch für das Recycling geeignet ist. Hier sind wir gut aufgestellt. Das heißt natürlich nicht, dass wir uns ausruhen dürfen. Nur, wenn wir zu Beginn besser trennen, können wir am Ende die Ziele erfüllen und noch weiter ausbauen. Langfristig wollen wir alle diese Wertstoffe aus den Verpackungen in den Kreisläufen halten.
2020 bis 2022 waren von der Corona-Pandemie geprägt, da hatten wir kein normales Entsorgungsverhalten. Während des Lockdowns verzeichneten wir mehr Verpackungen in der Gelben Tonne und im Gelben Sack aus den Haushalten. Das Abfallaufkommen im Gewerbe ist entsprechend gesunken. Das hat sich mittlerweile wieder stabilisiert.
Die Mengen und Verpackungsmaterialien sind immer wieder dynamisch. Verpackungsindustrie, Hersteller und die Inverkehrbringer suchen kontinuierlich nach besseren Lösungen. Aktuell sehen wir einen Trend hin zur Optimierung von Verpackungen und der Suche nach alternativen Materialien. Hier ist es wichtig, dass die Hersteller und diejenigen, die diese Materialien einsetzen, die Recyclingfähigkeit und den Recyclingpfad berücksichtigen. Wichtiges Thema für die Verpackungsbranche bleibt ‚Design for Recycling‘, hier bewegt sich aber sehr viel.
Auf gar keinen Fall in die Restmülltonne! Alle leeren Verpackungen gehören in die Gelbe Tonne oder den Gelben Sack. Es sei denn, sie sind aus Papier oder Glas – das ist die allgemeine Trennregel. Auch kleine Verpackungen haben erst dann eine Chance auf Recycling, wenn wir sie im richtigen Sammelsystem haben. Und auch die Anlagen, die zeitlich nach dem Verpackungsgesetz entstanden sind, ermöglichen eine tiefere Sortierung der Stoffströme und gehen dadurch auch auf kleinere Elemente ein, die wir in der Vergangenheit nicht erwischt haben. Wenn wir diese Materialien nicht im richtigen Sammelsystem haben, haben wir keine Chance auf Recycling.
Leider haben wir tatsächlich in den Gelben Tonne und Gelben Säcken noch etwa 30 Prozent falsch entsorgten Müll. Das variiert je nachdem, ob es sich um ein ländliches oder städtisches Gebiet handelt. Im städtischen Gebiet sind die Qualitäten etwas schlechter. Alles, was nicht da rein gehört, ob Windeln, Verunreinigungen oder Essensreste, Sperrmüll, Akkus und Batterien, ist teilweise gefährlich und bremst den Sortierprozess. Das treibt die Kosten in die Höhe, denn es muss zusätzlich entsorgt werden. Und wir müssen ja Verwertungsquoten erfüllen. Je besser die Konsumenten trennen, desto besser lassen sich die Verwertungsquoten erfüllen und steigern.
Wir merken, dass das Thema Recycling von Kunststoffen und das Recycling von Verpackungsmaterialien wieder Fahrt aufgenommen hat. Das versuchen wir in unserer Aufklärungsarbeit bei den Bürgern zu adressieren, diese Themen zu besetzen und ganz klar zu sagen, dass Recycling auch funktioniert, wenn die Menschen zuhause ihre Abfälle trennen. Ganz besonders auch das Recycling von Kunststoffen, welche häufig so kritisch beäugt werden.
Eine Untersuchung der GVM Gesellschaft für Verpackungsmarktforschung, die der Industrie und Kunststoffverband (IK) in Auftrag gegeben hat, zeigt, dass 81 Prozent der Verpackungskunststoffe aus der Gelben Tonne oder dem Gelben Sack gut bis sehr gut recyclingfähig sind. Wir begleiten die Initiative Mülltrennung wirkt auch mit Stichproben der Fehlwurfquoten in Testregionen. Und auch wenn die Messungen nicht repräsentativ sind, sehen wir doch, dass sich unsere Aufklärungsarbeit lohnt. Aber wir müssen natürlich dranbleiben und jeden Tag daran arbeiten. Wir müssen permanent die Aufmerksamkeit zur Mülltrennung, zum Recycling und durch Aufklärung und Information hochhalten. Sobald wir in der Kommunikation nachlassen, werden wir das in den Qualitäten auch wieder feststellen. Die Aufklärungs- und Informationsarbeit der Initiative Mülltrennung wirkt ist also eine absolute Daueraufgabe – ein Marathon.
Axel Subklew ist Sprecher der im März 2020 gestarteten Initiative „Mülltrennung wirkt“ der dualen Systeme. Der Diplom-Kaufmann blickt auf eine langjährige Berufserfahrung in der Abfallwirtschaft und bei dualen Systemen zurück. So war er – nach seiner ersten Berufsstation von 1997 bis 2006 beim Grünen Punkt – von 2006 bis 2020 als Regionalleiter der Reclay Group in Köln tätig. Dort verantwortete er neben dem Vertragsmanagement auf der Entsorgungsseite auch die Durchführung von Informationsveranstaltungen und Schulungen zum Thema Recycling inklusive dessen Bedeutung für die Umwelt. In seiner neuen Funktion als Sprecher der Initiative „Mülltrennung wirkt“ berichtet er an das Steuerungsgremium der dualen Systeme für die Initiative.
Die dualen Systeme organisieren mit ihren Dienstleistern aus der Entsorgungs- und Recyclingbranche die Sammlung, Sortierung und Verwertung gebrauchter Verkaufsverpackungen. Grundlage für ihre Arbeit ist das Verpackungsgesetz. An der bundesweiten Initiative „Mülltrennung wirkt“ sind aktuell zehn duale Systeme beteiligt. Gemeinsam wollen sie über richtige Abfalltrennung und Recycling von Verpackungen aufklären, mit Irrtümern und Müllmythen aufräumen und möglichst viele Menschen zum Mitmachen motivieren.